Sandäcker­Quartier

Die wbg Nürnberg GmbH Immobilienunternehmen hat einen nicht offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb unter dem Thema „Klimagerechtes Wohnen und Arbeiten im SandäckerQuartier in Nürnberg-Gebersdorf" ausgelobt. Vorangegangen war eine umfassende verwaltungsinterne Instruktion und eine digitale Bürgerbeteiligung sowie eine Abstimmung mit dem Bürgerverein Gebersdorf e. V., deren Ergebnisse in die Wettbewerbsauslobung eingeflossen sind. Gegenstand des Wettbewerbs war ein städtebaulicher Entwurf mit Vertiefungsteil für ein klimagerechtes Stadtteilzentrum an der Diebacher Straße in Zusammenhang mit dem in Bau befindlichen U-Bahnhof Gebersdorf der Linie 3.

Das Stadtteilzentrum beinhaltet allgemeine Dienstleistungs-, Nahversorgungs- und Wohnfunktionen sowie Einrichtungen der sozialen Infrastruktur an der Schnittstelle zwischen dem U-Bahnhof und den angrenzenden Quartieren.

Der Wettbewerb wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz im Rahmen des Modellvorhabens des Experimentellen Wohnungsbaus „Klimaanpassung im Wohnungsbau“.

Der Entwurf setzt in prototypischer Weise einen durchgrünten, hochverdichteten urbanen Ansatz mit hohen Qualitäten um. Der Kunstgriff, das nördliche Areal in drei ähnliche Blocks zu teilen, dann die Strukturen der U-Bahn mit dem zentralen Park zu bündeln und im Süden mit dem Pflegeheim einen klug gesetzten Schwerpunkt zu schaffen, gelingt auch wegen der Tiefgarage, die die Kubatur eines Parkhauses oberirdisch obsolet macht.

Die Höhenabwicklungen sind klug durchdacht und erlauben den Wunsch der Stadt nach städtebaulicharchitektonischer Vielfalt umzusetzen. Die Struktur sichert eine spannungsreiche Wohnumfeldgestaltung, die Baukörper gute Wohnungsgrundrisse. Ob die Höhenstaffelung ganz so stark ausgeprägt sein muss, ist zu überprüfen.

Die Bezeichnung des Quartiersparks als „Stadtwald“ irritiert, die Fläche ist funktional kein Wald und sollte es auch nicht sein. Am planerischen Konzept zum Park sollte erneut Hand angelegt werden. Die Bodenoffenheit der räumlich gut nutzbaren Innenhöfe dient dem Gesamtkonzept und ist zu erhalten, ihre Gestaltung ist schematisch und unzureichend.

Der Bereich vor dem Discounter und der U-Bahn hat eine angemessene Größe und kann zugleich ein angenehmer Übergang vom zentralen Park zum Umsteigeknoten an der Gebersdorfer Straße werden. Die über die U-Bahn nötige Brücke ist nachvollziehbar und muss im Prozess überprüft werden. In der südlichen Anbindung an den Bestand in Gebersdorf finden sich schlanke Ansichten angemessener Höhe, die um den Preis einer Ost-West Ausrichtung dem Ortsteil angenehm nahe kommen, ohne zu erdrücken. Auch hier ist die Freiflächenplanung nur rudimentär, die Flächenverteilung per se ist aber überzeugend, wenn auch mehr Grün (Verzicht auf den östlichsten Block?) noch überzeugender wäre.

Verkehrlich ist die Durchfahrbarkeit zur Diebacher Straße zu ändern, die Trassierung des Radschnellwegs muss optimiert werden, da sonst die Verknüpfung mit der U-Bahn scheitert. Die vielfältigen inneren Durchwegungen werden positiv beurteilt, auch die diverse Gestaltung der Platzstrukturen wird als Ziel positiv empfunden.

Bautechnisch ist das Konzept umsetzbar und lässt eine wirtschaftliche, auch abschnittsweise, Realisierung erwarten. Dem Thema „Schwammstadt“ wird breiter Raum eingeräumt. Mit Anpassungen im Konzept wird sich der Modellcharakter in Bezug auf Nachhaltigkeit und Siedlungswasserwirtschaft abbilden lassen. Die Ideen zum Energiekonzept können ein erster Schritt zur Umsetzung sein. Die Handelsfunktionen sind sinnvoll situiert, die Anlieferung kann gelöst werden.

Der Lebensmittelmarkt ist gut an das Parkhaus angebunden, auch in der Verbindung für Fuß- und Radfahrer sowie An- und Abfahrten von und zur Rothenburger Straße. Es fehlt aber eine Anbindung MIV-Anbindung an den Ortsteil. Zudem muss eine ausreichende Nutzfläche für den Lebensmittelmarkt zur Verfügung stehen (mindestens 1.800m2), die durch weitere Einzelhandelsflächen ergänzt werden können muss.

Der Entwurf sieht kompakte Baukörper vor, was sich günstig auf das A/V-Verhältnis und damit auf den Heiz- und Kühlbedarf auswirkt. Geringe Wohnungstiefen ermöglichen Querlüftung, die Durchlüftung im Quartier scheint durch unterschiedliche Bauhöhen und die vorgesehenen Öffnungen gegeben. Die große zusammenhängende Grünfläche ermöglicht Verdunstungskühlung und Wasserspeicherung. Die teilweise unterbauten Innenhöfe verringern das Versickerungspotenzial. Die kompakte Bauweise lässt auf eine ökonomische Umsetzung schließen. In der Summe ein Beitrag, der nicht unbedingt durch besondere städtebauliche Innovation besticht, jedoch für den Standort so viele Qualitäten aufweist, dass eine Umsetzung zielführend ist.

Eine weitgehend geschlossene Gebäudezeile schirmt das neue Gebiet im Norden zur Rothenburger Straße ab und bildet gleichzeitig das Rückgrat für die anschließende, untereinander verbundene Reihung kleiner Wohnhöfe. Diese werden im Süden von Einzelbaukörpern begrenzt, wenngleich nicht
abgeschlossen.

Im Westen markiert ein massiver, vier- bis sechsgeschossiger Gebäudeblock die Straßenkreuzung, die U-Bahnstation und den Auftakt für das neue Quartier. Ausgehend von einem Quartiersplatz am U-Bahnhof spannt sich in Ost-Westrichtung eine Grünfläche auf, die ihr Ende an einer im Osten vorgeschlagenen Quartiersgarage, welche mit studentischem Wohnen ergänzt wird, findet.

Das geforderte Pflegeheim wird im Süden, als Übergang zur vorhandenen kleinteiligen Wohnbebauung vorgeschlagen.

Insgesamt erscheint die städtebauliche Grunddisposition nachvollziehbar. Problematisch wird die Dimensionierung des nordöstlichen Gebäudeblocks gesehen. Die Grünfläche hätte durchaus Potenzial, quartiersprägend zu wirken und auch ökologische und klimatische Funktionen zu übernehmen. Unverständlich bleibt jedoch, warum dieser Grünzug im Osten durch ein Parkhaus begrenzt wird, welches grundsätzlich begrüßt wird, da damit das Quartier weitgehend autofrei gehalten werden kann, an dieser Stelle jedoch kaum einen adäquaten Abschluss des Grünzuges darstellen wird.

Die Dimensionierung, aber auch die trapezförmige Ausformung einzelner Baukörper erscheint fragwürdig. Die parkbegleitenden Einzelhäuser und das Pflegeheim werden nur unter Einschränkung wirtschaftlich erstellt und betrieben werden können. Der Versuch, im Süden zur bestehenden Wohnbebauung überzuleiten, wird anerkannt, wenngleich die Dimensionierung der Baukörper sich eher an denen des nördlich angrenzenden neuen Quartiers, als an der anschließenden Einzelhausbebauung orientiert.

Die Vorschläge zum zentralen Thema „klimagerechtes Wohnen und Arbeiten“ des Wettbewerbs erscheinen rudimentär und wären ausbaufähig.

Die Nutzfläche für den Lebensmittelmarkt ist ausreichend groß dimensioniert, die fußläufige Anbindung an den Ortsteil Gebersdorf ist gewährleistet. Es fehlen eine direkte MIV-Anbindung nach Gebersdorf ebenso wie Parkmöglichkeiten auf Marktebene. Weitere ergänzende Handelsflächen sind wünschenswert.

Der Entwurf sieht kleinteilige Baukörper vor, was sich ungünstig auf das A/V-Verhältnis und damit auf den zu erwartenden Heiz- und Kühlbedarf auswirkt. Die oberirdische Quartiersgarage ist ressourcenschonend und reduziert die unterbaute Fläche. Dadurch kann die Freifläche gut als Rückhalt bei Starkregen dienen. Es ist Grauwassernutzung vorgesehen. Durch eine helle Farbgebung wird ein geringer Albedo-Effekt erzielt, was sich positiv auf das Klima im Freiraum auswirkt. Wechselfeuchte Mulden tragen zur Erhöhung der Verdunstung bei.

Der Entwurf weist eine Reihe interessanter Ideen auf, kann insgesamt jedoch nur bedingt überzeugen.

Die Leitidee des Beitrags ist ein in der zentralen Lage des Grundstücks aufgespannter, durch bauliche
Kanten definierter und damit erfahrbarer, qualitätsvoller Freiraum.

Als Adresse des neuen Quartiers dient die von den Verfassern entwickelte sogenannte Piazetta, ein Raum, der durch ein fernwirksames kleineres Hochhaus betont wird und an dessen Rändern im Erdgeschoss ganz sinnvolle gewerbliche Nutzungen vorgesehen sind. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass aus Sicht des Auslobers sowohl die Lage, als auch die Organisation und die Erschließung des Lebensmittelmarktes sehr gut gelungen ist. Die Größe der Piazetta wird als angemessen bewertet. Die Wirtschaftlichkeit des Hochhauses in Erstellung und in Betrieb wird auf Grund dessen geringen Grundfläche und der geringen Höhe angezweifelt.

Nachvollziehbar ist der Vorschlag für die Wohnnutzung entlang der Rothenberger Straße und ebenso die Positionierung des Pflegeheims. Die Ausbildung dieser Bausteine als Hoftypen schafft den erforderlichen Lärmschutz zur Straße und dem Gewerbegebiet. Sie versprechen zugleich eine attraktive Nutzung im Inneren der Gebäude. Durch die differenzierte Behandlung der der Gebäudehöhen entsteht zudem eine angenehme, abwechslungsreiche Kubatur. Nicht ganz so verständlich ist die Öffnung der beiden Wohnblöcke gegen Osten. Aus Sicht des Preisgerichts wäre eine Öffnung gegen Westen vor allem hinsichtlich der Tageslichtnutzung deutlich attraktiver.

Im südlichen Teil des Grundstücks wird die vorgesehene Höhenreduktion der Neubauten zur vorhandenen Bebauung begrüßt. Die dort geplanten zweigeschossigen Baukörper schaffen einen guten Übergang zum Bestand. Ebenso wird die klare Gebäudekante zur U-Bahn Abstellanlage positiv bewertet.

Alles in allem würdigt das Preisgericht einen Beitrag, der in vielfacher Sicht die an die Auslobung geknüpften Erwartungen erfüllt. Die durchgängige im Grundriss gekippte Ausbildung aller Bausteine kann hingegen weniger überzeugen.

Bei derart zahlreichen nachvollziehbaren Entscheidungen der Verfasser überrascht doch der Verzicht auf eine orthogonale Ausbildung der Gebäude. Die gleichbleibend verzerrte Ausbildung aller Grundrisse, die wohl durch Grundstücksgrenzen definiert ist, erscheint formal. Diese Entscheidung wird vom Preisgericht sehr kritisch bewertet, weil hierbei für die späterer Konkretisierung bzw. Realisierung kein Mehrwert generiert und die Grundrissorganisation in unnötiger Weise kompliziert wird.

Die Verlängerung des Radweges als Brückenbauwerk über die U-Bahn bildet eine logische Fortsetzung der bestehenden Radwege. Das Brückenbauwerk wird jedoch als zu aufwendig betrachtet.

Das Angebot an oberirdischen Stellplätzen wird im Sinne einer Verkehrsberuhigung nachteilhaft. Die Park + Ride Anlage ist verhältnismäßig weit von der U-Bahn Haltestelle entfernt positioniert. Im Nordwesten entstehen Kollisionen mit den dort verlaufenden Abwasserleistungen, im Südwesten bei den Stromtrassen.

Die Einzelhandelsflächen weisen ein hohes Maß an Sichtbarkeit sowie eine gute Fußgänger- und Fahrradanbindung an den Ortsteil Gebersdorf auf. Weiterhin werden die Erreichbarkeit über die Diebacher und Rothenburger Straße sowie die Parkmöglichkeit auf Marktebene positiv beurteilt. Die MIV-Anbindung an Gebersdorf fehlt, die Nutzfläche für den Lebensmittelmarkt ist leider deutlich zu gering.

Begrünte Fassaden können die Verdunstungs- und damit die Kühlleistung erhöhen und wirken sich positiv auf die Artenvielfalt aus. Die vorgesehene Bauteilaktivierung in Kombination mit Abwärmenutzung ermöglicht eine effiziente Beheizung der Gebäude. Die Durchlüftung der Höfe ist zu prüfen. Die nicht unterbauten Innenhöfe ermöglichen es den Freiflächen als Rückhalt bei Starkregen zu dienen.

Wettbewerbsarbeiten, die den 2. Wertungsrundgang erreicht haben