Wohnen muss Chefsache sein

Spitzen-Männer deutscher Wohnungsunternehmen legten Finger in die Wunde

Tagsüber hatten Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, und Xaver Kroner, Verbandsdirektor des VdW Bayern, mit dem deutschen Städtetagspräsidenten, Nürnbergs OB Ulrich Maly, diskutiert und die sanierte Siedlung am Nordostbahnhof besichtigt. Abends im Presseclub wurde es dann politisch: Axel Gedaschko ließ Zahlen sprechen. In den vergangenen zehn Jahren sind die Kaltmieten durchschnittlich um 16 Prozent gestiegen, die Arbeitskosten auf dem Bau um 28 und die Kosten für Heizung und Warmwasser um 117 Prozent – bei einer Inflationsrate von 22 Prozent. Soll heißen: Vor allem Energiekosten drücken die Mieten hoch.

Doch die persönliche Ebene ist das eine, die Lage in Städten und Gemeinden das andere. Während München die höchsten Mieten der Republik hat und in Berliner Szene-Vierteln 80 Interessenten auf ein Objekt kommen, sind in den neuen Bundesländern 300.000 Wohnungen abgerissen worden. Die Schere öffnet sich. In den Hotspots der Großstädte, sagte Axel Gedaschko, „können Sie den Mangel nicht mit einer Mietpreisbremse begegnen, sondern nur mit neuen Wohnungen. In ländlichen Gebieten brauchen wir Rezepte dafür, wie man Städte koordiniert zurückbauen kann.“

Aber das ist ja nicht alles. 2012 wurden rund 200.000 Wohnungen fertig gestellt, die Musik aber – davon ist Gedaschko überzeugt – spielt im Bestand. 40 Millionen Wohnungen in Deutschland, die über kurz oder lang saniert werden müssen. „Da geht es nicht um Tapete oder einen neuen Bodenbelag, sondern um Themen wie energetische Sanierung oder altersgerechtes Wohnen.“

Für die bayerischen Wohnungsunternehmen sprach Xaver Kroner, und er klang so empört wie verzweifelt: „Wir wissen nicht mehr, wie es gehen soll.“ Der Verband vertritt 450 Unternehmen, die 450.000 Wohnungen im Freistaat verwalten. Sie alle leiden unter steigenden Baukosten, zurückgefahrener Förderung und den Anforderungen, die Brand- und Lärmschutz und die Energie-Einsparverordnung EnEV an Bauherren stellen. „2004 haben wir mit 60 Prozent der Fördermittel doppelt so viele Wohnungen gebaut. Irgendwas läuft hier schief!“

Axel Gedaschko, der auf eine eigene politische Karriere in Hamburg zurückblickt und seit 2011 den Bundesverband vertritt, beklagte eine „bigotte politische Kultur“. Die Parteien forderten bezahlbares Wohnen, gleichzeitig hätten einige Bundesländer mit den Mitteln für den sozialen Wohnungsbau alte Schulden abgetragen und Berlin – beispielsweise – veräußere Baugrundstücke im Höchstpreisverfahren und habe die Grunderwerbssteuer auf 7,5 Prozent erhöht.

Baugrund aber ist ein großer Kostentreiber. Damit Bauen irgendwie erschwinglich bleibt, schlug Gedaschko ausgeklügelte Baukastensysteme vor. Und er verlangte: „Wohnen muss Chefthema sein“ – nicht nur im Wahlkampf. Xaver Kroner wünschte, dass Energieeinsparung nicht in Wärmedurchgangswerten für Dämmwolle und Fenster vorgeschrieben, sondern in der Gesamtbilanz gesehen wird. „Wenn wir unsere Standards auf die Automobilwirtschaft übertragen würden, wären alle Mercedes S-Klasse fahren“, sagte er. Differenzierung sei nötig, neben den Luxuslimousinen müsse der Wohnungsbau auch günstige Kleinwagen bereithalten. Kroner hat breite Schichten im Auge, die nicht begütert sind. „Mit durchschnittlich 5,23 Euro Kaltmiete sind wir Preisführer von unten, wir halten die Preise niedrig.“

 

Nürnberg, den 11.09.2013

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