Modellprojekt "Selbst bestimmtes Wohnen im Alter"

Der Aufsichtsrat der wbg-Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Nürnberg mbH hat bereits 1999 auf seiner Studienfahrt nach Stockholm ein Projekt "Selbst bestimmtes Wohnen" besichtigt und für nachahmenswert befunden. Allerdings waren sich damals alle Teilnehmer einig, dass ein solches Projekt nur realisiert werden kann, wenn sich bereits vor Baubeginn eine entsprechende Personengruppe gefunden hat, die in einer solchen Wohnform leben möchte.

Durch die Berichterstattung in den Nürnberger Nachrichten wurde eine Gruppe Seniorinnen auf diese Überlegungen aufmerksam und hat sich im Mai 2000 bei der wbg gemeldet. Seither haben beide Seiten, die Seniorinnen und die wbg, den Gedanken und im weiteren Verlauf das Projekt weiterentwickelt. Im September 2002 war es so weit: Ein Objekt war gefunden, die Planung war abgestimmt, und ein entsprechender Vertrag wurde unterschrieben.

Die insgesamt 12 Seniorinnen haben als Leitspruch den Satz von Nazim Hikmet gewählt:
Wir möchten sein:
Einzeln und frei wie ein Baum
und brüderlich wie ein Wald.

"Unser Wunsch ist es, bei allen Schwierigkeiten doch fröhliche und zufriedene "Alte" zu werden. Dieses Ziel lässt sich am besten in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten verwirklichen und erreichen, gemeinsam in einer Hausgemeinschaft, frei, aber nicht allein, in gegenseitiger Unterstützung durch die Mitbewohner", sagt Märit Heinrich aus der Gruppe der künftigen Bewohnerinnen. "Für diesen neuen Lebensabschnitt lässt jede von uns vieles hinter sich: nicht nur die altvertraute Umgebung, sondern auch altvertraute Denk- und Lebensgewohnheiten.
Presseinformation

Damit der Begriff "Selbst bestimmtes Wohnen" nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch wirklich stattfindet, haben die Gruppe und die wbg ein auch für die wbg bisher einmaliges Vertragskonstrukt entwickelt. Die Gruppe mietet als BGB-Gesellschaft gesamtschuldnerisch das Objekt an der Chemnitzer Straße 2-4. Gruppenintern wird festgelegt, wer welche Wohnung belegt und in welcher Form die Betriebskosten umgelegt werden. Die Miete wird auf ein gemeinsames Konto einbezahlt, von dem dann die wbg den Gesamtmietbetrag abbucht. Auch die Freifläche wird in Eigenregie gestaltet und gepflegt.

Da das ausgewählte Objekt im Fördergebiet des Bund-/Länderprogramms "Soziale Stadt" am Nordostbahnhof liegt, war die Hoffnung zunächst groß, für ein soziales Modellprojekt dieser Form entsprechende Fördermittel zu erhalten. "Leider hat sich diese Hoffnung bisher nicht erfüllt", so wbg-Geschäftsführer Peter H. Richter anlässlich der Vorstellung des Modellprojektes. "Die Fördermittel aus der "Sozialen Stadt" werden nur bewilligt, wenn wir auch Wohnungsbaufördermittel in Anspruch genommen hätten. Eine solche Förderung legt jedoch fest, welches Einkommen die Einzelnen haben dürfen und in welcher Wohnungsgröße man wohnen darf. Solche Regelungen passen jedoch nicht zu diesem Modell, bei dem sich Menschen zusammenfinden, die sich verstehen und vertrauen und nicht nach dem Einkommen ausgesucht werden. Wir halten die Idee des selbst bestimmten Wohnens im Alter für so wesentlich, dass wir auch mit dieser Wohnform weitere Erfahrungen sammeln wollen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass unsere Gesellschaft immer älter wird, und weil das so ist, brauchen wir Lösungen für diese Senioren", führt Richter weiter aus.

Umso mehr freuen sich alle Beteiligten, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter der Leitung von Bundesministerin Renate Schmidt das Projekt als vorbildlich und überregional beispielgebend eingestuft und dafür einen Zuschuss von 175 000 EUR zugesagt hat. "Wir freuen uns sehr, dass Sie, Frau Bundesministerin Schmidt, die Zeichen der Zeit erkannt haben und auch offen für Innovationen sind. Wir sind dies auch und realisieren deshalb dieses Bauvorhaben als erstes Projekt unter dem neuen Markenzeichen HousingInnovativ. Wir danken Ihnen sehr für Ihre Förderung", so wbg-Chef Peter H. Richter beim offiziellen Baubeginn.

Für den Umbau bzw. die Modernisierung des Anwesens werden von der wbg rund
970 000 EUR investiert. Unter anderem werden ein Aufzug und eine Laubengangerschließung angebaut, die Fassade wärmegedämmt und neue Fenster eingebaut. Das Haus wird künftig zentralbeheizt, und in den Wohnungen werden die sanitären Einrichtungen sowie die Elektroinstallationen erneuert. Voraussichtlicher Bezugstermin wird Ende 2003 sein. Dann werden 12 Damen in 11 Wohnungen einziehen, einen Gemeinschaftsraum und einen Garten haben.

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